Infos zur "Szene": Unsere Verbände starten Youtube-Video-Serie
Die Verbände-Allianz "Qualitätsgemeinschaft Tai Chi Zentrum" (gegründet 1988) hat unlängst eine neue eine Multimedia-Dokumentation publiziert. Die Serie umfaßt sechs Youtube-Videos und liefert einen ersten Eindruck über die deutsche Taiji-Qigong-Szene. Die erste Folge bietet mit sechs Sektionen einen Überblick. Im Fokus stehen Lehrer-Ausbildung, Szene-Definition, der DDQT-Dachverband und die neuen Bedingungen für das begehrte Prüfsiegel "Dt. Standard Prävention" des Vdek.
Reviews: Das neue recht emotionale Filmprojekt des DTB-Geschäftsführers Dr. Langhoff enthält viel Persönliches aus seiner bislang 50-jährigen Beschäftigung mit östlichen Künsten. In der dritten Folge geht es um Beschreibung und Abgrenzung. Genau genommen geht es hier nicht um Fragen des Praktizierens sondern um die eher philosophisch-übergreifende Frage: Wie ticken Communities und wie ist ihr Selbstbild?
Taiji-Qigong-Szene: Updates und Überblick
In der Szene fehlt die innere Bereitschaft, den Esoterik-Ballast nüchtern auf den Prüfstand zu stellen. In vielen Communities bilden kritiklos tradierte, quasi-religiöse Botschaften eine Art "heiligen Gral". Die in der westlichen Erwachsenenbildung geforderte Selbstreflektion / Selbsterfahrung sollte sich auch darauf beziehen. Und mehr noch: Der DTB hält hier kontinuierliche Überprüfung an der Wirklichkeit für eine moralische Pflicht jedes einzelnen Lehrers (s. Berufsprofil im DTB-Verband / DDQT-Abgrenzung).
Hinzu kommt das naive "Vorschuß-Vertrauen", das ein Neuling den anderen Gruppen-Mitgliedern entgegenbringt. Viele beruhigen sich mit der Überzeugung, daß "alles so sein müßte". Es gehöre sozusagen "zum guten Ton" ... Quelle: http://www.stephan-langhoff.info/szene.htm.
Der DTB als Korrektiv für die Taiji-Qigong-Szene
Die Schnelllebigkeit in unserer modernen Welt betrifft auch die Praktizierenden des Taijiquan und Qigong. Es gibt zwei Besonderheiten in dieser Community: Zum einen verbindet sie kein einheitliches Einvernehmen über das, was die Künste ausmachen soll und zum anderen haben ihre unterschiedlichen Gruppierungen zu einem Flickenteppich geführt. Mit Precht kann man fragen "Wer bin ich, und wenn ja, wie viele?".
Diese Sachlage ist mitverantwortlich für das niedrige Niveau bzgl. Reputation und Seriosität in der "Szene", wie sich die Dazugehörigen selbst gern bezeichnen. Abhilfe bei diesem Image-Verlust kann hier das Korrektiv des DTB-Dachverbandes schaffen. Die Dynamik macht Aktualisierung unverzichtbar für alle, die up-to-date bleiben wollen. Bemerkenswert und paradox: Obwohl der DTB-Verband und seine Partner-Organisationen sich von der Szene abgrenzen, werden auch dort DTB-Infos gern genutzt.
Organisiert ist die Szene in sehr unterschiedlichen Vereinen / Vereinigungen, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen und eigene Interessen vertreten. Dazu zählen DDQT-Dachverband, Taijiquan-Qigong-Netzwerk BVTQ und die Deutsche Qigong-Gesellschaft.
Update: Spiritualität in chinesischer Kultur und Tradition
In der chinesischen Kultur bildet die spirituelle Dimension eine wichtige traditionelle Grundlage. Insbesondere in Klöstern und Tempeln des Wudang und Shaolin haben sich unterschiedliche Formen etabliert Die innere Entwicklung einschließlich der Stärkung der Lebenskraft (s. Yangshing) wird seit vielen Jahrhunderten überliefert und weiterentwickelt für die geänderte Lebenssituation der heutigen Menschen. Die integralen Meditationsformen des Daoismus und Buddhismus werden zunehmend auch mit wissenschaftlicher Methodik (s. Mind-Body-Medizin) untersucht. Sie bestätigen die Weisheit der alten Tao-Meister, daß Körper, Geist und Seele eng zusammen wirken und eine Einheit bilden können, wenn man korrekt und regelmäßig übt.
Wer die Übesysteme Tai Chi und Qigong für sich erlernen und später an andere weitergeben möchte, sollte dem spirituellen Bereich allerdings zunächst keine Priorität einräumen. Das geistige Erleben ist gerade für Anfänger am Beginn des Weges ja wenig faßbar. Zudem entzieht es sich gerade demjenigen, der sich intensiv und absichtlich darum bemüht. Hier bildet Spiritualität eine Einheit mit der fernöstlichen Meditation und dem Konzept des Wei-Wu-Wei. Weiterlesen: Spiritualität im Qigong und Tai Chi Chuan (Taijiquan).
Ist die Taiji-Qigong-Szene authentisch?
Das Dilemma der Authentizität in der Szene ist eine Binsenweisheit. In Anlehnung an das taoistische Schlüsselwort "Wei-Wuwei (Handeln-Nichthandeln") sieht man nicht selten die Lösung in Beliebigkeit und Esoterik-Folklore. Das Bedürfnis nach Authentizität ist ausgeprägt. Klar, denn authentisch zu wirken, ist ja der Schlüssel zum Erfolg in Theater und Schauspiel. Wenn hier Rollen als "gestellt" wirken, ist die Illusion natürlich dahin. Die Wunsch-Welten müssen realistisch wirken, obwohl sie es nicht sind. "Authentische Meister" aus China stehen hoch im Kurs - und nur wenige bemühen sich um den doch so notwendigen Blick hinter die Kulissen.
DTB-Dokumentation über Umgehen mit Subkulturen
Viele Praktizierende wünschen sich eine Art "Szene-TÜV", um mit klarer Qualitätskontrolle die Fehlentwicklungen besser kenntlich zu machen. Besonders bei der Aus- und Fortbildung für die Gesundheitsförderung bilden Szene-Lehrmodelle weiterhin ein Hemmnis für die Weiterentwicklung des Schülers (s. Abgrenzung vom DDQT-Lobbyverband).
Hier lohnt ein genauerer Blick hinter die Show-Kulissen. Für Teilnehmende der Tai-Chi-Qigong-Ausbildungen des DTB-Dachverbandes gibt es seit langem eine Orientierungshilfe und eine Argumentationshilfe für den Umgang mit der Szene (s. Modul-Handbuch C4). Der wissenschaftliche Beirat hat zudem eine Dokumentation mit folgenden Unterpunkten erstellt.
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Tricksereien Show: Qigong-Taiji-Szene: Tricks, Demos und Show
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Geheimnisse: Taijiquan-Qigong-Szene: Geheimnisse, chinesische Organisationen -
Gruppierungen: Taijiquan-Qigong-Netzwerke und Verbände -
Irrtümer/ Falsches: Qigong-Taijiquan-Szene: Fehleinschätzungen -
Schwärmereien: Qigong-Taiji-Szene: Legenden, Überlieferungen -
AK Tai Chi Esoterik Quelle Rezension Sekten im Taijiquan und Qigong
Jeder Punkt einzeln genommen mag an sich unerheblich sein, aber im Zusammenhang betrachtet ergibt sich ein aufschlußreiches Gesamtbild über Taiji-Qigong-Subkulturen in Deutschland. Trotz aller Vagheit und Beliebigkeit beobachten Experten einen Trend zur Konformität "gegen einen gemeinsamen Feind" (s. Medien-Aktionen der DDQT-Vorstände Klug und Klossow). Gemeint sind hier zum einen das DTB-Korrektiv und zum anderen die Vorgaben externer Qualitätssicherer wie Krankenkassen für ihre Versicherten. Der zunehmende Ruf nach mehr Transparenz und Teilnehmerschutz wird offenbar als Bedrohung traditioneller chinesischer Weltbilder aufgefaßt - und genau dies ist es auch!
Kritische Fragen bleiben ohne Antwort
Dabei geraten auch Szene-Vorurteile erneut in den Fokus und werden u. a. auf internationalen Symposien immer wieder thematisiert. Dabei werden Dogmen und "politische Korrektheit" infrage gestellt. Die gebetsmühlen-artige Wiederholung macht Szene-Credos ja nicht wahrer. Im Fokus stehen grundsätzliche Fragen und zahlreiche Unstimmigkeiten. Dazu exemplarisch diese:
- Gibt es Kriterien für traditionelle Meister-Graduierungen jenseits der Qualifikation über die jeweilige Blutlinie und Familien-Geheimnisse?
- Erhielt die erste Generation der Yang-Familie (Yang Luchan) und der Wu-Familie (Wu Yuxiang) ihre neue "Innere Kampfkunst" wirklich aus streng gehüteten Geheimnissen der Chen-Familie oder ist dies nur "die halbe Wahrheit" ?
- Was ist zu halten von den divergierenden Behauptungen zu Authentiziät und Originalität?
- Warum stammen die Theorie-Grundlagen der Tai-Chi-Prinzipien nicht aus Chenjiagou sondern aus der der Wu-Familie (s. Salt-Shop-Manuals)?
- Und last not least die Gretchen-Frage: Wenn Tai Chi Chuan doch aufgrund von "Qi-Kraft" funktioniert - warum siegen in Duellen Shaolin-Fighter statt Wudang-Mönche?
Verbände, Netzwerke und Medien der Subkultur in Deutschland
DDQT-Öffentlichkeitsarbeit ist dabei nur ein Aspekt von vielen. Vernetzung und Austausch nehmen weiter zu - insbesondere durch die Filterblasen der Sozialmedien und ihre Abschottung nach "draußen". Geschützt wie in einem Treibhaus gedeihen hier Esoterik-Botschaften von Influencern jedweder Couleur. Die Reichweite dieser Autoren geht ja weit hinaus über Wikipedia, Facebook, Youtube, Instagram etc. Auch Fach-Foren und Fach-Journale bieten bezeichnende Einblicke. Übersinnlich-okkultes steht hoch im Kurs - und chinesische Familien-Dynastien befeuern diesen Kult weiterhin. Lesetipp: Updates zu Graduierung und Legitimation von chinesischen Qigong-Meistern: Taiji-Qigong-Szene.
Westliche Sparten wie Schauspiel, Theater, Ballett und Tanz haben großen Einfluß gewonnen. Ein beachtlicher Teil der Taiji-Qigong-Lehrenden gehört mittlerweile zu diesem Milieu. Workshops und Studios haben Hochkonjunktur. Kulissen, Show, Musik-Einsatz und persönlicher Ausdruck favorisieren Kreationen, bei denen Schein vielen mehr gilt als Sein. Das eigentlche Ziel, die Entwicklung "innerer Stärke" wird durch leicht zugängliche und leichter praktizierbare "Krücken" ersetzt - alles in allem keine gute Entwicklung. Quelle: Taijiquan-Qigong-Gruppierungen der Szene.
Was läuft schief in der Gemeinschaft?
Dr. Stephan Langhoff, Leiter des Tai Chi Zentrum Hamburg sagt: Wenn man mich fragt, was grundsätzlich schiefläuft in der Taijiquan-Qigong-Szene, so muß ich leider auch nach 50 Jahren persönlicher Erfahrung sagen, daß es sich um eine komplexe, verwickelte Geschichte handelt. Eine kurze knackige Antwort habe ich daher nicht. Zu den eng-gefaßten Szene-Sehweisen gehört ja auch das Tabuisieren und Kleinreden von Schwierigkeiten. Dazu gehört die mangelnde Bereitschaft zu gemeinsamen Standards.
Aus übergeordneter Perspektive vermute ich, daß eine grundsätzliche Gemeinsamkeit der beiden Künste mitverantwortlich ist: Historisch-kulturell sind Tai Chi und Qigong verankert im Daoismus. Hier steht die kosmologische Ganzheit von "Tian-Di-Ren (Himmel-Erde-Mensch)" im Mittelpunkt. Die Nähe zu Heilslehren, "Quasi-Religiosität" und der Bezug zur "Qi-Energie" tun ein übriges. Wissenschaftliche, evidenz-basierte Anschauungen haben es in diesen "Erlebniswelten mit anekdotischer Evidenz" naturgemäß schwer. Updates hier: https://tai-chi-qigong-updates.net/szene.html.
Krankenkassen schaffen "Esoterik-Bremse" für Institutionen der Taiji-Qigong-Szene
"Qi-Fakes" von angeblichen Tai-Chi-Mestern" und Behauptungen von Unbesiegbarkeit sind keine Seltenheit. Gleiches gilt für Szene-Schlaglichter wie "Qigong-Dancing" oder angebliche Heilungen von selbsternannten "Qigong-Meistern". Solche Auswüchse haben auch externe Qualitätssicherer auf den Plan gerufen. In diesem empfindlichen, weil subjektiven, Bereich der Qualitätskontrolle gibt es eine ermutigende neue Entwicklung: Erst kürzlich haben die Krankenkassen die "Esoterik-Bremse gezogen" kombiniert mit der Entwicklung bundesweit vorgeschriebener Kompetenz-Bereiche für Kursanbieter-in-spe.
Organisationen wie der DDQT und die Qigong-Gesellschaft werden im ZPP-Leitfaden nicht mehr erwähnt. Dadurch werden auch keine falschen Anreize mehr gesetzt, was zu einer Aufwertung beitragen könnte. So ist die Szene-Reputation an ihrem bisherigen Tiefpunkt angelangt. Quelle: Taijiquan und Qigong in Deutschland: Die "Szene" . Siehe auch die Video-Serie (Folge vier über den DDQT).
Updates DDQT, Nils Klug, Angela Menzel
Offenbar hat das langjährige DDQT-Mitglied Klug seine Mitgliedschaft gekündigt, denn er ist im Mitgliederverzeichnis der DDQT-Homepage nicht mehr vertreten. Auch Angela Menzel (Göttingen), die sich ab 1999 stark für den DDQT engagierte, ist 2020 frustriert ausgetreten.
Göttingen: Voll belegt ist jetzt die Qigong Tai Chi Ausbildung in Göttingen (Warteliste ist eingerichtet).